Opfer des eigenen Erfolgs

Wie angekündigt, werden wir die kommenden Wochen intensiv über den Fortgang und die politische Situation mit Blick auf unsere Kampagnenziele berichten.

Wir starten unsere Berichtertstattung mit einem Artikel aus dem Verlag Nürnberger Presse

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Artikel vom 13.01.2025 Nürnberger Nachrichten
Verfasser: Stefan Blank

Klimafreundliche Technologien, vor allem Sonnenenergie und Windkraft, sollen den Energiemix in Deutschland mittelfristig dominieren. Doch was ist, wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind weht? Pläne der gescheiterten Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sahen vor, dass fossile Kraftwerke, die erst mit Erdgas betrieben und später auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, diese Lücken in der Versorgungssicherheit schließen. Doch eine Branche fühlt sich übergangen: die Betreiber von Biogas-Anlagen.

Mit einer bundesweiten Kampagne sollen nicht nur die zahlreichen Biogas-Anlagen in Franken und der Oberpfalz gerettet, sondern auch die Akzeptanz der Technologie verbessert werden. Im Wirtschaftsministerium in Berlin sehen das die Experten von Minister Robert Habeck aber differenzierter.

Eines der Gesichter hinter der Biogas-Kampagne ist Markus Appold aus Seebronn bei Herrieden im Landkreis Ansbach. „Der Wert von Biogas-Anlagen wird total unterschätzt“, sagt der fränkische Unternehmer und lässt seinen Blick über Holzabfälle, Gasspeicher-Kuppeln und Bio-Reststoffe wie Abfälle aus Biotonnen oder abgelaufene Lebensmittel schweifen. In seiner großen Biogas-Anlage werden Wärme und Strom erzeugt, aber auch Düngeprodukte. Versorgt mit Wärme werden unter anderem die Einwohner von drei Dörfern.

Chance für Landwirte

Knapp 10.000 Biogas-Anlagen gibt es in Deutschland, mehr als 2700 davon in Bayern. „1000 Anlagen machen zusammen so viel Strom wie ein Atomkraftwerk, arbeiten dabei regenerativ, dezentral und schaffen Wertschöpfung vor Ort“, rechnet Appold vor. Doch viele davon stehen vor dem Aus. Es geht neben der Absicherung für ein gesamtes Energiesystem auch um wirtschaftliche Gründe, es fehle eine Nachfolgeregelung für Biogas im Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG. Läuft die EEG-Förderung aus, müssten zahlreiche Anlagen mit den weißen oder grünen Gasspeicher-Kuppeln abgeschaltet werden. „Das wäre fatal“, sagt Kampagnen-Leiter Elmar Thomassek.

„Biogas ist Zukunft. Schon heute“ – so das Motto. Die Vorteile liegen laut den Initiatoren auf der Hand: Biogas sei unabhängig von Wetter, Tages- oder Jahreszeit, die Anlagen würden schon jetzt Strom für 9,6 Millionen deutsche Haushalte produzieren und sogar Gülle, Abfälle, Pflanzen und Lebensmittelreste könnten genutzt werden. Für viele Landwirte ist es zudem ein zusätzliches Standbein. Doch bis Biogas die Lücke schließen kann, müsste auch in dem Bereich einiges an Geld investiert werden. Thomassek spricht von 20 bis 30 Milliarden Euro. Neue fossile Kraftwerke würden den Bund allerdings zwischen 70 und 120 Milliarden Euro kosten.

Bisher gibt es nur rund 400 hoch flexibilisierte Biogasanlagen, „Pioniere“, nennt sie Thomassek. Diese Anlagen, zu denen auch die in Seebronn zählt, sind technisch auf dem neuesten Stand. Dort werden nicht nur Strom und Wärme produziert, mit denen unter anderem zwei Dörfer versorgt werden, sondern sie sind auch Pufferspeicher für Gas und Wärme. „Vollflexibilisiert“, nennt Appold sein Biogas-Kraftwerk, das auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird.

Viele der anderen Anlagen könnten erweitert sowie nachgerüstet und so zukunftssicher gemacht werden. „Die Politik nimmt aber nicht wahr, was Biogas alles kann“, findet Appold. Nach aktuellem Stand gebe es keine großen Förderungen für Investitionen in „verbesserte und hocheffiziente Technologien sowie die gewünschten Energiespeicher“, erklärt Thomassek. „Durch die Umrüstung bestehender Biogasanlagen zu flexiblen Spitzenkraftwerken können nicht nur Lastspitzen abgefangen werden, sondern auch wirtschaftliche Impulse gesetzt werden.“ Die Infrastruktur dafür sei schon da.

Mittelfristig könnten Biogas-Anlagen sogar Biomethan und grünen Wasserstoff in bestehende Gasnetze einspeisen oder speichern und „somit zuverlässige, erneuerbare Energieversorgung auch über längere Zeiträume gewährleisten“, erklärt Markus Appold. In Seebronn soll das in den kommenden Jahren umgesetzt werden – um knapp 37.000 Haushalte so zu versorgen. Doch warum setzt das Wirtschaftsministerium in Berlin nicht so sehr auf Biogas? Wie Pressesprecher Daniel Greve auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, sollen Eneuerbare Energien bis 2030 insgesamt 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland ausmachen, derzeit sei man bei knapp 52 Prozent. Für Bioenergie sehe das Ziel im Jahr 2030 8,4 Gigawatt installierte Leistung vor. Doch Biogas mache schon mehr als zehn Prozent der Stromerzeugung bei Erneuerbaren Energien aus. „Das Biomasse-Ausbauziel für 2030 ist bereits erfüllt“, erklärt Greve.

Bei den Gründen, warum nicht mehr auf Biogas gesetzt wird, nennt das Wirtschaftsministerium „Kosteneffizienz“. Da würden laut Greve Windenergie und Photovoltaik deutlich besser abschneiden als Bioenergie. Dennoch schließt das Ministerium nicht aus, dass es Förderungen für Biogas-Anlagen geben könnte, die eine höhere Flexibilisierung anpeilen. Laut Greve endet in den Jahren 2025 bis 2030 die 20-jährige EEG-Förderung für etwa 6000 Biogas-Anlagen.

Der Fokus solle auf „biogasbasierte Nahwärmenetze“ gelegt werden, wie sie in vielen fränkischen Dörfern schon existieren. „Historisch waren solche Wärmekonzepte für Kommunen günstig, weil sie durch die EEG-Zahlungen quersubventioniert wurden. Sollten diese Biogas-Anlagen keine Anschlussförderung erhalten, wird nicht nur eine privatwirtschaftliche Anlage stillgelegt, sondern es droht auch die Stilllegung von Teilen der lokalen Wärmeversorgung mit Erneuerbaren Energien“, erklärt Greve. Daher sollen Bestandsanlagen mit bestehendem lokalen Wärmenetz beim wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren zu Anschlussförderungen priorisiert werden.

Hoffen auf Mittwoch

SPD und Grüne haben nun noch einen Gesetzentwurf vorgelegt, der „effektivere Anreize zur weiteren Flexibilisierung von Biogas-Anlagen setzen“ soll. Im Gespräch sind laut Ministeriums-Sprecher Greve eine Umstellung der Unterstützung auf förderfähige Betriebsstunden oder ein erhöhter Flexibilitätszuschlag. Ein Schwerpunkt solle wegen der Anschlussperspektiven auf die Jahre 2025 und 2026 gelegt werden. Wie Kampagnen-Leiter Thomassek erklärt, sind die Vorschläge Thema einer zweistündigen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Klimaschutz und Energie am 15. Januar 2025 in Berlin. „Für uns hat dieser Termin eine große Bedeutung“, sagt Thomassek, der sich noch Anpassungen wünscht.

Denn nach dem Ampel-Aus in Berlin hoffen die Vertreter der Biogas-Branche mit ihren Forderungen weiter einen Platz in den Wahlversprechen der Parteien zu bekommen. Zwar beklagen sie die enorme Stärke der Lobbyisten für fossile Kraftwerke, dennoch sind die Kampagnen-Chefs, die von Parteitag zu Parteitag getingelt sind, zuversichtlich. „Wir brauchen ein politisches Bekenntnis zu dieser unverzichtbaren Technologie. Denn klimaneutral wird unser Land nur mit einem Energiemix, in dem Biogas eine wichtige Rolle spielt“, sagt Elmar Thomassek.

Mit ihren Biogas-Anlagen wollen sie dabei sein, wenn es für Deutschland darum geht, das Ziel zu erreichen, bis 2045 klimaneutral zu werden und sich vollständig von fossilen Energieträgern zu verabschieden. Markus Appold ist sich jedenfalls sicher: „Biomasse wäre der Baustein, der die Energiewende schon bis 2030 erfolgreich machen könnte.“


Der Artikel wurde bestens recherchiert, was auch die Stellungnahme des BMWK mit einbezog. Beispiel für guten Journalismus in Deutschland.

Wir werden diesem Beispiel folgend, nach den Besuchstagen in Berlin ab der KW 4 auf unterschiedlichen Medienkanälen fortsetzen, natürlich neben unseren direkten Informationsgesprächen mit den Wahlkandidat:innen des kommenden Bundestages, d.h. in allen 299 Wahlkreisen. Viel Müh und Arbeit, aber wir haben uns ja ein nachhaltig wirkendes Ziel gesetzt, das allen Bürgern im Lande zugute kommen wird.

Begleitet die Kampagne Biogas ist Zukunft.Schon heute! weiterhin auf allen Kanälen und seid online mit dabei am 15. Januar ab 9 Uhr im Parlamentarischen Fernsehen.

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