Ist LNG noch klimaschädlicher als Kohle?
BRÜSSEL taz | Robert Howarth sagt es „nur ungern“, aber so lautet nun mal das Ergebnis seiner Untersuchungen: Weil Flüssigerdgas (LNG) viel klimaschädlicher ist als gedacht, hält es der Professor für Ökologie und Evolutionsbiologie an der US-amerikanischen Cornell University für sinnvoll, stattdessen „etwas Kohle zu verbrennen, um die kurzfristige Nachfrage zu befriedigen“.
Gas schlimmer als der „Klimakiller“ Kohle? Howarths Studien über die Treibhausgaswirksamkeit von LNG entfachten Anfang des Jahres einen „politischen Feuersturm“ (Financial Times) in den USA – und führten dazu, dass Präsident Joe Biden den Ausbau von Häfen für den Export von LNG stoppte.
Der Methanexperte hatte den Ruf vom „klimaschonenden“ Gas als Mythos entlarvt: Wenn man die Emissionen bei Förderung und Transport mit einrechnet, ist der Treibhausgasausstoß von LNG laut Howarth binnen 20 Jahren um 33 Prozent höher als der von Kohle.Besonders wenig umweltschonend ist Gas, das per Fracking, also durch enormen Druck, aus der Erde gepresst wurde – in den USA der Standard. Fracking bringe enorme Mengen des besonders klimaschädlichen Treibhausgases Methan in die Atmosphäre, fand Howarth heraus.
In Deutschland halten dagegen viele LNG immer noch für eine „Übergangstechnologie“: Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck pumpt sogar Milliarden in den Ausbau der Flüssiggas-Infrastruktur, unter anderem für den Import aus den USA.
Branchentreffen und Gegengipfel
Der Branche geht es blendend, seitdem Wladimir Putins Truppen die Ukraine überfallen haben – und der Westen russisches Pipelinegas zu ersetzen versucht. Einer der Gründe, warum sich ab Montag in Berlin die Branche zum „World LNG Summit“ trifft – 750 Chefs und Lobbyisten aus 50 Ländern kommen beim „Treffpunkt der globalen LNG-Industrie“ im Edelhotel Adlon zusammen. Ticketpreis: ab 4.000 Euro.
KlimaaktivistInnen haben gleichzeitig zum Gegengipfel aufgerufen. Man wolle „den Gaskonzernen ihren Kongress vermiesen“, kündigt das Bündnis mit Gruppen wie Ende Gelände, Extinction Rebellion, Letzte Generation und Scientist Rebellion Aktionen an. „Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge“, sagt Frida Egeling von Fridays for Future. Die Verdrängung von Kohleverstromung durch Gas helfe der Welt keineswegs, CO2-Emissionen zu verringern. Egeling betont: „Eine gute Zukunft gibt es nur ohne neue Gasprojekte.“
Franziska Holz ist sowohl zum LNG-Gipfel als auch zur Gegenveranstaltung eingeladen worden. „Aber ich bin keine Aktivistin und arbeite auch nicht in der LNG-Industrie“, sagt die Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Deshalb wird sie zu keinem der Events gehen.
Die Forderungen der AktivistInnen kann die Wissenschaftlerin aber nachvollziehen: Sie hat den Bau der Terminals für das auf bis zu 164 Grad minus heruntergekühlte und für den Schifftransport verflüssigte Erdgas untersucht. Ergebnis: Habecks Politik sei „ein Risiko für die Energiewende in Deutschland“, sagt Holz.
Dass ausgerechnet unter der Ägide eines Grünen nach den drei schwimmenden LNG-Terminals, die für etwa zehn Jahre geleast wurden, jetzt auch noch weitere fest installierte LNG-Stationen mit einer Lebensdauer von 20 oder mehr Jahren kommen sollen, torpediere die von der Bundesregierung für 2045 angepeilte Klimaneutralität Deutschlands.
Quelle: taz | 9.12.20247:12 Uhr – https://taz.de/Fossile-Energie/!6055067/
Kommentar der Kampagnenleitung zum taz-Bericht
Einige Gedanken zu diesem aktuellen Artikel der taz.
Nach Rücksprache mit der taz-Redaktion haben wir uns entschlossen den Bericht zum World LNG Summit (siehe auch Wordl LNG Summit) ungekürzt und im Original auf unserer Landingpage abzubilden.
Der Artikel beleuchtet die klimaschädlichen Auswirkungen von Flüssigerdgas (LNG), insbesondere im Vergleich zur Kohle, und stellt klar, dass die Methanemissionen von LNG die Bilanz dieses fossilen Brennstoffs stark verschlechtern. Dabei wird hervorgehoben, dass sowohl die Gewinnung – besonders durch Fracking – als auch die Verflüssigung und der Transport erhebliche Treibhausgasemissionen verursachen.
Diese Erkenntnisse unterstreichen die Dringlichkeit, auf erneuerbare Energien zu setzen und die Infrastruktur für fossile Energieträger nicht weiter auszubauen, und bestätigen unsere Forderungen an die Politik, die einheimische Technologie bestehender Biogasanlagen zu würdigen und deren technologischen Potenziale zu fördern.
Aus der Perspektive von Biogasanlagenbetreibern sehen wir die im Artikel beschriebenen Szenarien als eine Bestätigung für den Weg, den wir mit Grünem Biogas eingeschlagen haben. Biogas, das aus nachhaltigen Quellen wie Reststoffen und landwirtschaftlichen Abfällen erzeugt wird, bietet eine klimafreundliche Alternative zu fossilen Energieträgern. Im Gegensatz zu LNG ist Grünes Biogas nahezu CO2-neutral, da bei der Verbrennung nur die Menge an CO2 freigesetzt wird, die zuvor von den Pflanzen aufgenommen wurde. Zusätzlich vermeiden wir durch die Nutzung von Abfällen und Reststoffen die Freisetzung von Methan, das andernfalls bei der Zersetzung dieser Materialien unkontrolliert in die Atmosphäre gelangen würde.
Die im Artikel beschriebene politische Förderung von LNG, auch durch den Ausbau von Terminals in Deutschland, ist aus unserer Sicht kontraproduktiv für die Energiewende. Diese Ressourcen sollten stattdessen in den Ausbau von Infrastruktur für erneuerbare Energien investiert werden, beispielsweise in die Umstellung auf Grünes Gas und den Aufbau von Systemen für Grünen Wasserstoffwirtschaft und Biomethan, der zielgerichtet an die jeweiligen Abnehmer geliefert werden kann. Auch die kritische Anmerkung im Artikel, dass die geplante LNG-Infrastruktur eine langfristige Bindung an fossile Energien bedeuten könnte, ist alarmierend. Es ist essenziell, dass wir keine Lock-in-Effekte schaffen, die die Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 gefährden, hohe Kosten provozieren und die Energiepreise nach oben schnellen lassen.
Ein weiterer Punkt, der nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist der Einfluss mächtiger Lobbygruppen. Die fossile Energiewirtschaft hat ein starkes Interesse daran, global monopolisierte Strukturen aufzubauen und die Politik auf ihre Seite zu ziehen. Der Artikel weist auf die massiven Investitionen hin, die in LNG-Projekte fließen, und zeigt, wie politische Entscheidungen von diesen wirtschaftlichen Interessen beeinflusst werden. Dies erschwert den Übergang zu einer nachhaltigen Energiezukunft erheblich. Es ist dringend notwendig, Transparenz und demokratische Kontrolle in diesen Prozessen zu fördern, um die Interessen der Allgemeinheit und des Klimas über die der fossilen Energielobby zu stellen.
Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass der Fokus auf Grünem Biogas auch wirtschaftliche Vorteile für regionale Wertschöpfungsketten bietet. Die Produktion von Biogas unterstützt lokale Landwirte, reduziert Abfall und schafft Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig wird die Energieversorgung unabhängiger von geopolitischen Konflikten und globalen Marktpreisen für fossile Energieträger.
Abschließend möchten wir betonen, dass Grünes Biogas kein Ersatz für alle fossilen Brennstoffe sein kann, aber einen sehr wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen, sicheren und stabilen Energiezukunft leistet. Der Artikel zeigt, dass es dringend notwendig ist, die Priorität auf klimafreundliche Technologien zu setzen, und bestätigt, wie wichtig es ist, von fossilen Energien wie LNG Abstand zu nehmen.
Wir freuen uns, Teil der Lösung zu sein und dazu beizutragen, die Klimaziele zu erreichen.